martes, 15 de marzo de 2016

Ein japanischer Zufall in Berlin | Moshi Moshi (Banana Yoshimoto)



1.      Die Lage
Am 15. September stellte Banana Yoshimoto ihren Roman Moshi Moshi (Diogenes Verlag, 2015) vor. Die Autorin war extrem freundlich zu ihrem Publikum und hat uns sogar fotografiert. Für mich war es sehr überraschend, dass das Publikum mehrere Bücher der Autorin gelesen hatte und ihr Werk ziemlich gut kannte.
Für mich persönlich war das Thema des Romans sehr schmerzhaft, aber nach und nach ließ ich mich von der Autorin beruhigen. Im Roman geht es um das Leben von Yotchan nach dem Selbstmord ihres Vaters. Dieser hatte sich zusammen mit einer der Mutter und Yotchan unbekannten Frau umgebracht. Wie kann jemand, der (wie ich) seinen eigenen Vater vor kurzem bei einem Unfall verloren hat, bei so einem Thema zuhören? Mehrmals musste ich gegen die Tränen kämpfen. Wie könnte ich mir das antun? Ich wollte etwas unternehmen und dachte, es sei eine gute Idee zur Lesung zu gehen. Ich lag falsch mit meiner Vermutung. Ganz eindeutig war es für mich noch nicht so weit.

2.       Vorgeschichte
Ich stolperte auf Banana Yoshimoto zum ersten Mal mit Kitchen, der Roman, der sie berühmt gemacht hat und sogar zwei Mal verfilmt wurde. Danach habe ich Erzählungen und zwei weitere Romane mehr gelesen. Als ich meiner Schwester davon erzählte und rasch die Handlungen zusammenfasste, sagte sie mir, ich würde zu deprimierende Sachen lesen. Mir kam es nicht so vor. Banana Yoshimoto war die zweite Autorin aus Japan, die ich las und interessant fand. Nicht weil die Geschichten tragisch wären, sondern weil die Japanerin „anders“ klingt als die europäischen Autoren. Hier geht es nicht darum, ob bei Banana Yoshimotos Büchern die Figuren auf Tatamis schlafen oder Isobemaki zum Essen bestellen. Vielmehr geht es um die Handlungen: Die Autorin erzählt von ganz gewöhnlichen Menschen, die eine (in der Regel) große Veränderung erfahren, und lotet aus, wie sie darauf reagieren.

3.       Zum Buch:
Ich habe im Internet nach Rezensionen gesucht und glücklicherweise hat sich herausgestellt, dass man ohne Probleme über 20 findet. Deswegen möchte ich gar keine Wiederholung mehr produzieren, sondern ein paar Aspekte von der Buchpräsentation erwähnen. Banana Yoshimoto ist eine sehr gute Beobachterin. Wenn Sie irgendein Lokal oder eine Nebenrolle in Yoshimotos Romanen finden mit realen Referenzen, gehen Sie davon aus, dass sie existieren. Wundern Sie sich nicht, wenn Sie nach Shimokitazawa reisen und Ihnen alles bekannt vorkommt. Die Erklärung ist das echte Ambiente dieses Buches.

Zur Geschichte selbst sagt die Autorin, sie hat an einem sehr schönen, quasi perfekten Tag eine Nachricht über einen Selbstmord in der Nähe gelesen und fand sie schockierend. Das Thema ließ sich nicht mehr los. Und sie musste nach Antworten suchen.  Ein Besuch des Unglücksorts war nicht auszuschließen. Da war klar: Ihr ging es nicht um das „wieso“, sondern vielmehr dachte sie an die Hinterbliebenen. Was passiert mit der Familie? Wie gehen sie damit um? Die ersten Entscheidungen konnte sie schnell treffen: Es geht um Mutter und Tochter. Zuerst hat sie versucht, die Mutter als Erzählerin zu nehmen, bald merkte Yoshimoto aber, dass eine junge, verwirrte aber kräftige Stimme sinnvoller wäre. Wieso? Wenn Sie zu Bananas Yoshimotos Büchern greifen und sich in einem glücklichen, unverbesserlichen Zustand befinden, dann werden Sie sofort die Geschichte aus der Hand legen, weil Sie „sowas“ nicht brauchen. Sie könnten sogar die Handlungen und Figuren kitschig finden. Sind Sie jedoch auf der Suche nach Ihrer Identität oder stecken Sie in Mitten eines Verlustes, dann werden Sie sofort den Wert solcher Bücher erkennen. Es geht nicht darum, dass Yoshimoto Selbsthilfebücher verfasst. Das tut sie nicht. Ihre Herangehensweise ist eine andere: Sie versucht, sich in eine solche Situation hineinzuversetzen und Empathie zu empfinden. Das macht die Charaktere sehr lebendig und glaubwürdig. Bei schwierigen Themen geht die Autorin auf Augenhöhe mit dem Leser. Bei der Selbsthilfeliteratur bekommt der Leser sehr schnell das Gefühl, dass der Autor ihm erklärt, was es zu empfinden gilt. Aber die japanische Autorin vermeidet diesen Weg. Sie leidet mit, sie empfindet mit und das macht ihre Bücher so besonders. Dadurch kann die Glaubwürdigkeit der Figuren in einer gut gelungen Katharsis münden.

Die Autorin hat ihren Vater, den Dichter Takaaki Yoshimoto, 2012 verloren, zwei Jahre später erschien dieses Buches. Sie selbst hat vom Schreiben profitiert für ihre eigene Heilung.

Und ich auch. Ich war – und ab und an bin ich es noch – so verlassen. Aber Banana Yoshimoto war am 15. September da, in Berlin. Und sie hat gesagt, sie schreibt genau für solche Leute wie mich. Ich habe zugehört. Ich war da. Vielleicht war das nur Zufall, aber es hat so gut getan.

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