lunes, 23 de febrero de 2015

(2) Geschichten vom Franz (1984) und 1 Drachen

Einführung ohne Funktion

Wenn Sie morgens in der Berliner Bahn lachende Passagiere sehen, schauen Sie nicht so skeptisch. Es könnte sich vielleicht um mich handeln. Ich hab neulich das Buch Geschichten vom Franz (Christine Nöstlinger) gelesen und mich dabei totgelacht.
Haben Sie schon mal den Eindruck gehabt, wir nehmen unsere Routine viel zu ernst? Haben Sie die Zeitung gelesen und nichts verstanden? Oder mit den Kollegen geredet aber eigentlich keinen menschlichen Austausch mehr gespürt? Oder haben Sie die Einkaufsliste in der von Ihnen festgelegten Reihenfolge erledigt und danach vor dem ebenfalls von Ihnen frisch aufgefüllten Kühlschrank gedacht, „Mensch, das Leben ist echt öde!“? Nein? Dann wissen Sie ganz sicherlich nicht, was ich in den nächsten Zeilen meine.
 
 
Exkurs mit Funktion
 

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Neulich las meine Freundin eine misslungene Geschichte über einen Drachen. Genau in dem Moment, wo etwas passieren könnte, war das Buch zu Ende. Mit gutem Grund war sie von der Kinderliteratur sehr enttäuscht und hat mich gefragt, ob ich es nicht traurig fände, dass in diesem Genre oft (gar) nichts geschieht. Wie, nichts geschieht?, fragte ich, aber ich wusste ganz genau, was sie meinte.
Klar, es gibt Kindergeschichten, in denen nur Beschreibungen vorkommen,  aber eigentlich gar keine Handlung vorgesehen ist. Wolken bedecken den Himmel. Vielleicht lacht eine und prompt ist man auf der letzten Seite.
Ja, ich weiß. Das mag vereinfacht klingen, wenn ich behaupte, dass Literatur einen ästhetischen Wert nachweisen kann und in der Lage ist, unsere Kulturellen bzw. sozialen Sachverhalte / Gegebenheiten inhärent zu hinterfragen. Dieser Reduktionismus ist (wünschenswert) in den sogenannten Subgenres wiederzufinden. Natürlich setzt man den Akzent in der Kriminal- oder in der Kinderliteratur woanders, z. B. in der Spannung und Auflösung des Falles oder in der Unterhaltsamkeit der Geschichte.
               Erfüllt ein Buch diese (minimalistischen) Kriterien nicht, dann sprechen wir nicht von einem literarischen Werk sondern nur von einem Buch der Unterhaltungsliteratur. Ab und zu geschieht es auch, dass die Grenze zwischen Kinderliteratur und Literatur (ohne Adjektive die letzte) unklar wird. Wenn das geschieht, wartet man 20 Jahren oder länger, oder auch bis der Autor stirbt und dann kann man ohne Risiko sagen, „das ist Literatur aber damals wurde dieses  oder jenes Buch als Kinder- oder Jugendbuch empfunden“. (Naja, die Literaturkritiker haben auch ihre Bedenken). Ich will, wie gesagt, die Sache nicht unnötig verkomplizieren.
 
Christine Nöstlinger – zurück zum Thema
13 Bände mit Franz als Protagonist hat die Österreicherin bisher verfasst. Geschichten vom Franz (1984) erzählt gar keine komplizierte Handlung. Hier wird nichts gezaubert. Franz ist ein stinknormales Kind, das ein bisschen weiblich aussieht und in Schwierigkeiten gerät, wenn er aus Versehen  aus der U-Bahn aussteigt, während sein Bruder nichtsahnend weiterfährt. Franz ist ein Kind, der zum Muttertag einen schrulligen Hut bastelt.  Seine Mutter muss ihn anziehen, weil sie es nicht über sich bringt, Franz zu sagen, dass der Hut viel zu extravagant ist. Deshalb sehen wir die Mutter mit dem stolzen Kind beim Spazierengehen.
Zwei einfache Geschichten. Uns ist als Kind bestimmt etwas Ähnliches passiert. Aber ist es nicht wunderbar, dass wir solche Geschichten genießen und dabei lachen und jünger werden? Ist es nicht schön, dass eine Geschichte plötzlich unsere besten aber auch skurrilsten Kindheitserinnerungen zurückbringt? Ist nicht so ein großes Glück solche Bücher zu lesen und Schwung darin zu finden, um besser gegen unsere Routine und unseren trägen Alltag gewappnet zu sein?
            Und all das in einer unverbesserlichen Lesezeit von 15 Minuten pro Geschichte? Ich lese die Beschreibung vom Franz und ich hab das Kind so präsent vor mir. In diesen zwei Geschichten ist etwas passiert aber nicht nur im Buch, auch in mir.
            Wahrscheinlich hat meine Freundin noch nicht „ihr“ Kinderbuch gefunden. Und all der Schrott (1), der die Kinderliteratur umgibt (und als solche verkauft wird), gab ihr das Gefühl, es gehe nur um Drachen. Wahrscheinlich.


(1) Mit Verlaub, aber für viele Kindergeschichten fällt mir leider keine bessere Bezeichnung ein.

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